Goslar, 9. Juli 2023
Die Berliner Bildhauerin Birgit Dieker (*1969) arbeitet seit über 20 Jahren mit textilen Materialien und anderen körpernahen Stoffen. Zudem verwendet sie immer wieder Alltagsgegenstände als Ausgangsmaterial für ihre Arbeiten.
Ihr Werk konzentriert sich auf Fragen der Identität. Die jeweiligen Materialen dienen ebenso wie die formale Umsetzung der Beschreibung unterschiedlicher emotionaler Zustände. Wiederkehrende Themen sind das Verhältnis von Körper und Identität, Hülle und Kern, Innen
und Außen. Dabei spielt insbesondere Haut als Grenze vom Körperinneren zur Außenwelt eine besondere Rolle. Haut hat nicht nur eine physische Schutzfunktion für den Menschen, sondern
das „Haut-Ich“ ist auch psychische Hülle. Seelische Erregungen werden über die Haut sichtbar und abgeführt. Schutz vor Schmerz, Kälte, Hitze und Wind bietet nicht nur die Haut, sondern vor allem Kleidung.
„Kleidung hat für mich einen besonderen Stellenwert. Als Inbegriff für die zweite Haut, als Grenzmetapher, aber auch als Synonym für das Selbst ist sie für mich ein passender Werkstoff… Abgelegte Kleidung enthält die Spuren seiner Träger_innen, sie ist angefüllt mit einer oder mehrerer Identitäten, mit gelebten Erfahrungen, Erinnerungen. Für mich das ideale Material für die Schichten des Selbst“, so die Künstlerin.
Für die Ausstellung hat Birgit Dieker zahlreiche neue Arbeiten produziert, darunter die monu-mentale Skulptur All her Colours. In dem Werk hat die Künstlerin ausschließlich Kleider von Frauen verwendet, die sie mit der Bitte um eine Kleiderspende in ihr Atelier eingeladen hatte. Identität exemplifiziert Dieker häufig anhand weiblicher Identität, die sie mit kritischen Überlegungen zur gesellschaftlichen und privaten Rolle der Frau verbindet.
Der Titel Housewarming - Haus und Haut haben etymologisch den gleichen Ursprung - spielt folglich auf das Zuhause als Rückzugsort oder Wohlfühloase an, aber auch als Ort der Angst und Gewalt. Die Ambivalenz zwischen Verletzlichkeit und Selbstbehauptung ist in den Arbeiten von Dieker stets präsent.
Die Verknüpfung von sinnlichen, emotionalen und persönlichen Erfahrungen mit gesellschaft-lichen Fragestellungen ist für zeitgenössische künstlerische Positionen, die mit Textil arbeiten, charakteristisch — so auch für Brigit Dieker.
Die Ausstellung umfasst 16 Skulpturen und Wandarbeiten sowie 6 Collagen und 6 neue, anlässlich der Ausstellung entstandene Papierarbeiten. Ein Katalog ist in Planung.